Beim Schutz der Persönlichkeit vor widerrechtlicher Tatsachendarstellung durch die Medien geht es um den Schutz dagegen, daß von einer Person in der Öffentlichkeit ein falsches Bild gezeigt wird. Durch das falsche Bild entsteht eine Verletzung der Ehre, des Rechts am eigenen Bild oder des Rechts am eigenen Wort. Es geht nicht in erster Linie um das Eindringen in die Privatsphäre, obwohl dieses Recht eine große Rolle im Persönlichkeitsrechtsschutz spielt.
Die Entwicklung und die Ausbreitung der neuen Medien stellt heute für den Schutz des Persönlichkeitsbildes eine immer größere Gefahr dar. Diese Feststellung ergibt sich aus zwei Problemen: Erstens ist das Gesetz zu alt und Zweitens ist sein Geltungsbereich zu eng.
Nach grundlegenden technischen, gesellschaftlichen beziehungsweise medialen Veränderungen ist das seit 90 Jahren bestehende KUG zu alt und im Vergleich zu den Schutzgebräuchen zu konzise geworden. Erst wenn man das besondere Persönlichkeitsrecht am eigenen Bild rechtstheoretisch, dogmatisch und gesetzlich auf die Höhe der Zeit gebracht hat, wird man erheblich leichter den Konflikt zwischen öffentlichem und persönlichem Interesse lösen können, da man längst nicht mehr auf der Ebene der Öffentlichkeit contra dem Einzelnen streitet, sondern um die korrekte Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses vom Abbgebildeten und vom Bildnisverbreiter. Die neue Rechtsprechung des BGH betreffend den Schutz des Persönlichkeitsbildes, geht durch die Anwendung seines Präventionsbegriffs, der die wirtschaftlichen Interessen beider Seiten berücksichtigt, über das KUG hinaus schon in eine gute Richtung.
Der Geltungsbereich des Persönlichkeitsrechts ist bezogen auf die jetzige Entwicklung der Medien zu eng geworden. Nationalen Grenzen werden oft überschritten und Auswirkungen der Veröffentlichungen werden meistens auf der ganzen Welt oder zumindestens in Europa festgestellt. Um die Probleme verschiedener Geltungsbereiche lösen zu können, wird dem Richter durch das internationale Privatrecht geholfen. Für die unerlaubte Handlungen ist der geltende Grundsatz entwickelt worden, daß das Recht des Tatorts anzuwenden ist. Dieser Grundsatz wurde im Medienrecht umgesetzt.
“Bei Presseerzeugnissen, um die es hier geht, ist Tatort einmal der Erscheinungsort des Druckwerks (Handlungsort), zum anderen aber auch jeder Ort, an dem dieses verbreitet wird.” (BGHZ 131, 332, 335)
Wegen der Grenzüberschreitung des Presserechts ist auch das internationale Recht von besonderer Bedeutung geworden. Bereits die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 enthält in Art. 10 eine Bestimmung betreffend die Pressefreiheit:
Art. 10 EMRK [Recht der freien Meinungsäußerung, Informationsfreiheit] (1) Jeder hat Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein. Dieser Artikel schließt nicht aus, daß die Staaten Rundfunk-, Lichtspiel- oder Fernsehunternehmen einem Genehmigungsverfahren unterwerfen.
(2) Da die Ausübung dieser Freiheiten Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, kann sie bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, wie sie vom Gesetz vorgeschrieben und in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten, unentbehrlich sind.
Nach der entsprechenden europäischen Rechtsprechung steht den nationalen Gerichten bei Auslegung der Ausnahmen des Art. 10 Abs. 2 EMRK ein Beurteilungsspielraum zu, der jedoch mit der Rechtsaufsicht Hand in Hand geht. Mit Rücksicht auf die föderativen Probleme im Bereich des Rechts der Gegendarstellung spricht man hierbei von einem Kooperationsverhältnis oder einem Netzwerk. Im Zweifel seien die Grundrechte des Grundgesetzes nicht nur im Einklang mit der EMRK, sondern auch im Einklang mit der europäischen menschenrechtlichen Rechtsprechung auszulegen.
Die Berücksichtigung internationaler Rechtspraxis beeinflußt die deutscher Gerichte. Dieser Einfluß hat eine besondere Bedeutung im Falle des Schadensersatzes in Bezug auf den immateriellen Nachteil erreicht. Die Entwicklung des deutschen und europäischen Medienpersönlichkeitsrechts und seines Sanktionssystems weist auf viele Komponenten hin, welche die richterliche Neigung zum Strafschaden durchaus rechtfertigen könnten.
Durch den Begriff der Prävention hat der BGH eine neue Perspektive des Ersatzes immaterieller Schäden eröffnet. Obwohl durch diese neue Rechtsprechung wichtige Fortschritte zugunsten der Opfern geschaffen wurden, ist die Lösung über den Präventionsgedanke noch nicht ganz befriedigend. Der Versuch des BGH, die sich aus dem Vergleich der Geldentschädigung mit dem Schmerzensgeld nach § 847 BGB ergebenden Unstimmigkeiten aus der besonderen Schutzbedürftigkeit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts heraus zu rechtfertigen, verkennt den Gerichtigkeitsgehalt des auf der persönlichen Beziehungen zwischen Schädiger und Geschädigtem beruhenden Ausgleichsprinzips. Generalpräventive Erwägungen vermögen lediglich die Belastung des Schädigers, nicht jedoch die Begünstigung des Betroffenen zu rechtfertigen.
Bis jetzt hat die Bundesrepublik Deutschland noch keine spezifischen und geeinigten Regelungen über das allgemeine Persönlichkeitsschutzrecht und die entsprechenden Schutzmittel. In diesem Bereich erstreckt sich heute das Recht auf verschiedene Rechtsgebiete wie Verfassungsrecht, Zivilrecht oder Strafrecht und auf unterschiedliche Rechtsebenen wie Bundesrecht und Landesrecht. Andere europäische Länder haben diese Frage in ihrer Zivilgesetzbuch schon ausführlich erfaßt. Eine solche klargestellte Regelung wäre sicherlich für Deutschland wünschenswert. Die Schranken der Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 2 GG wären deutlicher erfaßt und die Persönlichkeit wirksamer geschützt.